Interview

Im Interview mit Carolina Capellupo

Carolina Capellupo, Geschäftsstellenleiterin Valiant Bank AG, Schöftland und erfolgreiche HFW-Absolventin aus dem Abschlussjahr 2010. Was hat sich im Leben einer erfolgreichen HFW-Absolventin in den letzten 13 Jahren alles so verändert? Wir haben Carolina Capellupo in ihrem Büro in Schöftland besucht und persönlich nachgefragt.

 

 

Liebe Carolina, wie sieht Dein Leben heute privat und beruflich aus?
Ich lebe ganz in der Nähe mit meinem Lebenspartner und unserem dreijährigen Kind zusammen. Meine Familie und mein Beruf halten mich mächtig auf Trab und es ist gerade ein sehr spannender Zeitabschnitt. Lange Zeit war ich eine richtige Abenteurerin und habe entsprechend viel erlebt. Heute brauche ich etwas weniger Abenteuer, dafür etwas mehr Routine und ich kann meine Freizeit inzwischen bewusster geniessen. Beruflich bin ich seit 2014 als Geschäftsstellenleiterin der Valiant Bank AG in Schöftland engagiert.

 

Familie und ein verantwortungsvoller Job. Wie schaffst du es, alles unter einen Hut zu bringen?
Mir war immer schon klar, dass ich auch einmal eine Familie haben möchte und weiterhin im Beruf engagiert bleiben will. Mein Partner und ich arbeiten beide mit einem 80%-Pensum. Ergänzend zu unserer Kinderbetreuung haben wir für die restliche Zeit einen sehr guten Kita-Platz in Schöftland gefunden. An diesen 2.5 Tagen ist unser Sohn sehr gut aufgehoben und es ist genau dieses vertrauensvolle Umfeld, was mir sehr wichtig ist. Ich schätze das gegenseitige Vertrauen sehr und mit einem Kleinkind ist es mir wichtig, dass alles gut organisiert ist.

 

Wie hat sich das Diplom als dipl. Betriebswirtschafterin HF auf deine Karriere ausgewirkt?
Meine Arbeitgeberin setzt auf eine breit abgestützte Strategie und kombiniert digitale Dienstleistungen mit persönlicher Beratung. Mit dem Abschluss der HFW sehe ich es auch so und vergleiche es gerne mit einem Essen. Man kann nicht nur den Hauptgang anbieten, sondern es braucht dazu auch den vorgängigen Apéro und nach dem Hauptgang ein Dessert. Mein Diplom entspricht im übertragenen Sinn dem Hauptgang, aber das allein genügt nicht. Als Betriebswirtschafterin HF braucht es auch die Flexibilität, zwischen den Gängen zu switchen. Das macht meiner Meinung nach auch eine gute Führungsperson aus, dass sie andere Sichtweisen und Situationen erkennt und dass sie sich in verschiedene Situationen einfühlen und diese abschliessend auch beurteilen kann.

 

Warst du während dem Studium an der HFW Aarau schon für die Valiant Bank tätig?
Nein, während dem Studium arbeitete ich bei einer Grossbank und hatte noch keine Führungsposition inne. Nach dem erfolgreichen HFW-Abschluss wechselte ich zu einer regional verankerten Bank und arbeitete fünf Jahre als Privat- und Geschäftskundenberaterin. Damals hatte ich den Wunsch, in eine Führungsposition einzusteigen, um mich weiterzuentwickeln. Von Valiant Bank erhielt ich, als ehemalige engagierte Lehrtochter (schmunzelt), gleich zwei Angebote für eine neue verantwortungsvolle Position. Und so übernahm ich die Leitung und Verantwortung für die Filialen Geschäftsstellen im Wynen- und Suhrenthal. Vieles was ich in der Schule gelernt habe, konnte ich nun anwenden.

 

Du hast dich für die Vertiefung Banking & Finance entschieden? 
Ja, es hiess dazumal aber nur Finance und wurde von zwei ausgezeichneten Dozenten in Aarau unterrichtet. Die beiden Dozierenden waren beide im Kreditgeschäft tätig, und ich denke heute noch gerne an diese lehrreiche Zeit zurück. Anmerkung der HFW Aarau: Wir bieten weiterhin mit der Firma Mendo die Vertiefung Banking & Finance an und erteilen gerne Auskunft über diese Möglichkeit.

 

Wo siehst du die Vorteile eines berufsbegleitenden Studiums?
Bei meinem HFW-Abschluss war ich 28 Jahre jung. Ich hatte nicht wahnsinnig viel Erfahrungen, aber die Herausforderungen gefielen mir. Nebst dem Studium habe ich auch den Arbeitgeber gewechselt und mich gefragt, was will der neue Arbeitgeber von mir? Was will die Schule von mir? Ich möchte doch auch noch meine jungen Jahre geniessen. Da drang die Abenteurerin in mir durch. Ich hatte viel mehr Energie für alles und verstand erst später, was das für eine enorm abwechslungsreiche, herausfordernde Zeit war. Die berufliche Veränderung war ein grosser Vorteil für mich. Ich habe es auch nie als selbstverständlich angesehen, es ist aber so, dass es in der Schweiz möglich ist, das Studium mit einem Teilzeit-Job selbst zu finanzieren.

 

War das Studium ein Türöffner oder hat es sich einfach ergeben?
Durch das Studium wird man motivierter und auch anspruchsvoller. Man bildet sich weiter, sieht mehr, kann mehr und ist im ständigen Austausch mit Studierenden, Dozierenden. Und das spiegelt sich im Verhalten wider. Man rechnet zusammen, wägt ab und kann sich durchaus fragen, stimmt das für mich? Mit der Weiterbildung gewinnt man nebst einer höheren Kompetenz auch an Selbstsicherheit, entwickelt sich stetig weiter und merkt, dass damit vieles möglich ist.

 

Thema Seitenwechsel - Du stellst selbst erfolgreich Mitarbeiter/-innen ein, welche Erfahrungen haben dich geprägt?
Als ich als Führungsperson begann, war die neue Generation noch nicht so ausgeprägt und es herrschte noch kein grosser Personalmangel. Zu Beginn war es sicher eine Zeit des Lernens, ich habe auch Fehler gemacht, wie zum Beispiel, dass ich eher Mitarbeiter/-innen eingestellte, die meinen Eigenschaften am nächsten kamen. Auch wenn ich schon immer auf die Stärken der Mitarbeiter/-innen schaute, mache ich es heute noch bewusster. Dank der frühen Erfahrung ist es mir noch wichtiger geworden, auf die Stärken zu fokussieren und dieses Wissen weiterzugeben. Heutzutage muss man Glückstreffer finden, denn es kann nicht immer alles zum Stellenprofil passen. Wenn am Schluss das Budget auch noch stimmt, bin ich zufrieden.

 

Spürst du den Fachkräftemangel?
Definitiv ja, die Branche ist im Umbruch. Aus meinen Erfahrungen kann ich sagen, dass sich drei von fünf Abgängern, die uns verlassen haben, für eine Umschulung entscheiden und nicht mehr in der Bankbranche arbeiten. Eine weitere Herausforderung ist auch, dass es in den letzten Jahren kontinuierlich städtischer geworden ist. Die Auswirkungen spüre ich deutlich. So ist es in Suhr einfacher, eine vakante Stelle zu besetzen, als beispielswiese in Unterkulm.

 

Rückblickend, was war dein Lieblingsfach während dem Studium?
Das waren ein paar Fächer, an die ich mich gerne erinnere: Marketing, Projektmanagement, und alles Unternehmerische. Wichtig war mir, wie die Fächer durch die Dozenten begleitet wurden und ein grosses Plus war, dass alle Dozierende aus der entsprechenden Branche kamen. An ein Fach und ein Dozent werde ich mich immer erinnern. Es ist das Fach Kybernetik bei Victor Carisch. Er verstand es, wie kein zweiter, das Komplexe so einfach wie möglich zu erklären und das begleitet mich noch immer. Rückblickend, was war sehr schwierig? Vielleicht war ich jahrelang etwas blind im eigenen Metier, bei mir war es die Bankenwelt und ein Abstecher in etwas anderes, wie die Standardkostenrechnung, war tough.

 

Man sagt, die Diplomarbeit ist mit rund 1500 Arbeitsstunden verbunden, wie hat sich das ausgewirkt?
Es war eine sehr gute Zeit und ich habe noch heute Kontakt zu jemandem aus der Gruppe. Wir haben den Fokus auf unsere Stärken gelegt und die vielen Arbeitsschritte entsprechend aufgeteilt. Ich empfand die Diplomarbeit nicht als Krampf. Wir haben auch immer, weitere Personen angefragt und hinzugenommen. Und selbstverständlich haben wir die Präferenzmatrix genutzt ;). Grundsätzlich haben wir alles ausprobiert und so war es schlussendlich auch ein Erfolg.

 

Welchen Ratschlag würdest Du einem angehenden Studierenden der Höheren Fachschule für Wirtschaft geben?
Grundsätzlich Dranbleiben und nicht aufgeben. Meine Tipps: Im ersten Jahr besonders an den zahlen lastigen Themen wie Finanz- und Rechnungswesen Dranbleiben. Es lohnt sich langfristig, aufmerksam zu sein und gut aufzupassen. Im zweiten Jahr kann man sich schon besser von Themen wie Marketing und Projektmanagement und auch HR-Themen inspirieren lassen und das Gelernte auch einmal in der Praxis umsetzen. Im dritten Jahr ist man sicher einerseits froh, dass es bald vorbei ist, doch ich finde auch, man soll es so gut es geht auch geniessen.

 

Was war das Lustigste?
Die Telefonanrufe mitten in der Nacht um 2 oder 3 Uhr, kurz bevor die Prüfungen am nächsten Tag losgingen (lacht). Es gab unendliche Fragen zum Thema Standardkosten… Wenn ich heute daran denke, war auch das ganze Gehetze rund um die Prüfungszeit im Nachhinein! sehr lustig.

 

Gab es Parties?
Ja, im dritten Studienjahr und als alles vorbei war. Ich treffe heute noch ab und zu Ehemalige und bin mit vielen in den sozialen Netzwerken verbunden.

 

Was hat dir am meisten gefallen?
Die Nähe von meinem Daheim nach Aarau, die kurze Anreise, die verschiedenen Dozierenden, die Vielfalt an Fächern und auch der Englisch-Unterricht gefielen mir sehr gut. 

Monica Meier Beratung & Administration HFW Aarau, Carolina Capellupo Geschäftsstellenleiterin Valiant Bank AG Schöftland, Thomas Karrer Lehrgangsleiter HFW Aarau
Monica Meier Beratung & Administration HFW Aarau, Carolina Capellupo Geschäftsstellenleiterin Valiant Bank AG Schöftland, Thomas Karrer Lehrgangsleiter HFW Aarau

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