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KV-Lehre, Vorstudium und Konzerte – geht das? «Ja», sagt Musikstudent und KV-Lehrling Valentin Frutiger

Valentin Frutiger ist KV-Lehrling und Musiktalent. Im Interview mit dem Info-Magazin spricht er über seine Faszination an den klassischen Schlagzeugen, wie er sich für Schule, Arbeit und bis zu sieben Stunden Üben motivieren kann und wieso er sich wieder für die KV-Lehre plus Vorkurs am Konservatorium entscheiden würde, obwohl er Berufsmusiker werden will.

Welches Instrument spielen Sie? 

Ich trommle, seit ich denken kann, so gut wie auf allen Gegenständen herum. Somit war mir bereits im Kindergarten klar, dass ich gerne Schlagzeug spielen möchte. Meine Eltern waren damals, verständlicherweise, nicht sehr begeistert von der Vorstellung, dass ein Drumset ins Haus kommt. Also schickten sie mich mit 6 Jahren in einen Djembe-Kurs.  

 

Im Raum, in dem der Kurs stattfand, sah ich dann zum ersten Mal die gesamte Auswahl an Schlaginstrumenten. Dies war der Ursprung meiner Faszination für das klassische Schlagzeug, oder als Fachbegriff, klassische Orchesterperkussion.  

 

Und wieso klassisches Schlagzeug, was fasziniert Sie daran? 

Meine Eltern sind beides Berufsmusiker im klassischen Bereich. Mein Vater spielt im Tonhalle-Orchester Zürich, somit kam ich bereits sehr früh in Berührung mir der klassischen Musik. Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich im Kindergartenalter im Konzertsaal sass, Mahlers Symphonie lauschte und mich eigentlich nur dafür interessierte, was die Schlagzeuger ganz hinten auf der Bühne machen. Dazu gehört nicht nur das Spiel des Drumset, wie sich das die meisten Personen vorstellen. Beinahe alle Schlaginstrumente, von Kesselpauken bis Triangel werden im Orchester von den Schlagzeugern gespielt. 

 

Heute sind noch genau so viel Motivation und Faszination vorhanden, wenn nicht sogar noch mehr. 

 

Wie oft üben Sie und wie lange? 

Ich versuche, jeden Tag mindestens drei Stunden zu üben. Das kann ich neben einer Lehre nicht ganz immer einhalten, jedoch an einem freien Tag deutlich übertreffen. Ich mache mir immerzu Gedanken, wie ich noch effektiver und noch mehr üben könnte.  

 

Selbstverständlich gibt es auch Zeiten, in denen drei Stunden pro Tag nicht reichen. Gerade in Vorbereitungsphasen für Wettbewerbe und Konzerte übe ich auch an Arbeitstagen, manchmal bis zu sieben Stunden. Aber meistens ist nicht die Quantität das entscheidende, sondern die Qualität. Zudem leiden die Schlafqualität und die Schlafmenge enorm unter diesem «Lifestyle». 

 

Ich nehme an, mit klassischem Schlagzeug spielt man auch klassische Musik. Oder gibt es auch noch andere Musikrichtungen? Welche? 

Mir ist es wichtig, auch etwas über den sogenannten «Tellerrand» hinauszuschauen. Jazz, Pop/Rock, usw. sind gerade im perkussiven Bereich ebenfalls sehr interessante Musikstile. Mich persönlich zieht es aber vor allem in den Bereich der klassischen Musik. 

 

Es gibt auch in der klassischen Musik viele verschiedene Richtungen, in die man sich bewegen kann. Will man ins Sinfonieorchester, will man ins Opernorchester oder will man überhaupt in ein Orchester?  

 

Ich persönlich finde, eine Laufbahn als Solist hat einen ganz besonderen Reiz. 

 

Hören Sie auch privat solche Musik? Und welche Musik hören Sie sonst noch? 

Ich höre sehr gerne klassische Musik. Doch gerade, wenn man zehn Stunden oder mehr am Tag nur klassische Musik macht oder hört, bin ich froh um einen Stilbruch. Ich mag amerikanischen Hip-Hop, insbesondere den Künstler Eminem als Kontrast zu meinem Alltag. Auch die Genres Techno und Heavy-Metal höre ich gerne.  

 

Sie spielen nicht nur ein Instrument, dass Sie üben müssen, sondern Sie spielen auch an Konzerten, z.T. sogar im Ausland. Dann machen Sie auch noch das Vorstudium für das Konservatorium Zürich. Und natürlich die KV-Lehre. Wie bringen Sie alles unter einen Hut? 

Ich denke, dass die intrinsische Motivation, die psychische Gesundheit und die damit verbundene mentale Leistungsfähigkeit hierbei eine grosse Rolle spielt. Ich will immer mehr, habe nie genug. Dies kann aber auch gefährlich sein. Ich bin schon einige Male an meine körperlichen Grenzen gestossen. 

 

Die mentale und körperliche Gesundheit ist enorm wichtig. Wenn diese Balance stimmt und die Motivation vorhanden ist, läuft vieles wie von selbst.  

 

Ihr Arbeitgeber scheint Sie dabei voll und ganz zu unterstützen. Haben Sie eine spezielle Abmachung? 

Ich bin enorm dankbar über die Flexibilität und das Verständnis, die mir mein Arbeitgeber entgegenbringt. Eine spezielle Abmachung gibt es keine, mein Arbeitgeber ist flexibel, ich bin es auch, so funktioniert es.  

 

Und Ihre Eltern stehen auch hinter Ihnen? 

Vollkommen😊  

 

Wie sieht Ihre Zukunft nach dem KV-Abschluss aus, wenn alles gut läuft? 

Ich werde voraussichtlich an der Zürcher Hochschule der Künste mein Bachelorstudium absolvieren. Was danach kommt, ist noch offen. Ich habe viele Träume und Ziele, die ich verwirklichen will und blicke mit Freude und Zuversicht in meine Zukunft.  

 

Wieso haben Sie sich damals fürs KV entschieden, wenn ihr Berufswunsch doch eigentlich in eine ganz andere Richtung geht? 

Nach der Bezirksschule hatte ich drei Möglichkeiten. Ich hatte eine Lehrstelle, hätte die Kantonsschule machen können oder hätte direkt mit dem Bachelorstudium beginnen können. Ich mochte die Schule nicht, darum war die Kanti schnell keine ernsthafte Option mehr. Lehre oder direkt ins Studium – es war eine Bauchentscheidung.  

 

Zurückblickend muss ich sagen, dass das KV mich enorm viel gelehrt und mich im Leben weitergebracht hat. Ich war vorher eine regelrechte «Organisationskatastrophe».  

 

Auch wenn es manchmal nicht der einfachste Weg ist, würde ich diesen auf jeden Fall wieder gehen.  

KV-Lehrling und Musikstudent Valentin Frutiger
KV-Lehrling und Musikstudent Valentin Frutiger

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